In den Kriegsjahren gab es keinen Vorstand
Das Jahr 1923 bescherte der Gemeinde nicht nur eine neue Kirche, sondern auch erstmals einen Kirchenchor. Die Chorleitung übernahm Hauptlehrer Karl Schwarz. Lange gaben Hauptlehrer den Ton an im Chor. Es folgten Alwin Dohler, Karl Brettle und Anton Lang als musikalischer Leiter. Erst mit Otto Beck war erstmals keine Lehrkraft mehr für den guten Ton im Chor verantwortlich.

Auf Beck folgte im Jahre 1972 mit Franziska Schüssele die erste Frau (siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Die erste Chorleiterin“). Franziska Schüssele hat zuvor unter ihrem Chorleiter Otto Beck das Orgelspiel verfeinert und war ohnehin im Kirchenchor nicht mehr wegzudenken. So war es seinerzeit allen klar, dass nur Franziska Schüssele den Dirigentenstab übernehmen kann. Und diesen hielt sie letztlich 20 Jahre fest in ihrer Hand.
So wie die musikalische Leitung früher in den Händen der Lehrer stand, war die Vorstandschaft des mit dem Chor einhergehenden Cäcilienvereins fest in des Pfarrers Hand. Die Mitglieder des Cäcilienvereins waren quasi die Passiven beziehungsweise die Förderer des Chores. Von Beginn an bis ins Jahr 1936 fungierte Pfarrer Andreas Halter aus Schweighausen als Erster Vorsitzender des Cäcilienvereins. Danach wiesen die alten Protokolle erhebliche Lücken auf. Vermutlich gab es in den Kriegsjahren keinen Vorstand. Die Geschicke des Chors wurden in jenen Jahren alleine vom Präses gelenkt. Erst im Jahre 1948 taucht in den Protokollen mit Josef Göppert wieder ein Erster Vorsitzender auf. Göppert übergab im Jahre 1970 Verein und Chor an Anton Wangler. Josef Göppert wurde danach zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Anton Göppert übernahm im Jahre 1978 den Vorsitz. Unter ihm stieg die Zahl der passiven Mitglieder zeitweise über 200 Mitglieder. 1985 fiel deren Zahl mit 199 erstmals wieder darunter. Aktive hatte der Chor zu jenem Zeitpunkt 31. Die Passivenzahl war weiter rückläufig – auf 186 im Jahre 1992. Es war zugleich das Jahr, indem mit Margarete Harder erneut eine Frau die musikalische Leitung des Chors übernahm. Der Chor hatte zu dem Zeitpunkt 15 Sängerinnen und zehn Sänger in seinen Reihen.
Während beim Dirigieren der Aktiven mittlerweile klar die Frauen die Oberhand hatten, blieb der Vorsitz im Cäcilienverein weiter in Männerhand. Nach Anton Göppert lenkte Willy Singler die Geschicke des Cäcilienvereins. Doch im Februar 2018 standen Verein und Chor plötzlich ohne einen Ersten Vorsitzenden da. Willy Singler, der bislang den Chor- und Vereinsalltag im neuen Jahrtausend managte, war plötzlich verstorben. Zudem fehlte es dem Chor mittlerweile am Nachwuchs. Dieser Umstand als auch der unerwartete Tod des Vorsitzenden Willy Singler hat dazu beigetragen, dass der Chor mit mittlerweile zehn aktiven Sängerinnen und Sänger nicht mehr den gesanglichen Vorstellungen nachkommen konnte. Die Hoffnung: Eine Fusion mit Schweighausen soll aus zwei Chören eine leistungsfähige Chorgemeinschaft machen. Bereits am Patrozinium der Sankt-Johannes-Gemeinde 2018 gestaltete der Chor gemeinsam mit dem Chor Sankt Romanus aus Schweighausen den Festgottesdienst. Chorleiterin in Dörlinbach war da schon längst Agatha Backes (seit 1995), die seit 1997 auch den Schweighausener Chor dirigierte. Bedingt auch dadurch, dass man die gleiche Chorleiterin hatte, pflegten Dörlinbach und Schweighausen auch schon zuvor intensive Kontakte. Unter anderem feierte man im Oktober 2017 das 125-jährige Bestehen des befreundeten Schweighausener Kirchenchors gemeinsam – und trat auch gemeinsam auf.
Nur unverheiratete Frauen waren erwünscht
Aus den Anfängen des Kirchenchors gibt es übrigens Berichte, die heute wohl nur ungläubiges Kopfschütteln hervorrufen werden. Aber die moralischen Vorgaben zur Mitgliedschaft im Chor waren damals überaus streng und für Frauen sogar noch strenger. So durften beispielsweise nur unverheiratete Frauen im Chor singen. Nach der Heirat mussten sie aus dem Chor ausschieden. Wenn eine ledige Frau ein Kind bekam, musste sie ebenfalls aus der Gemeinschaft des Chors ausscheiden. War aber der Vater dieses nicht ehelichen Kindes auch im Chor, hatte es für ihn keinerlei Konsequenzen. Er durfte auch weiterhin zur „Ehre Gottes“ singen.
Der Kirchenchor beim 40-jährigen Priesterjubiläum von Pfarrer Franz Wölfle im Jahre 1971 im Saal des Gasthauses „Zum Engel“.
Der Kirchenchor beim 40-jährigen Priesterjubiläum von Pfarrer Franz Wölfle im Saal des Gasthauses „Zum Engel“ mit Dirigent Otto Beck (rechts).
Der Kirchenchor beim 40-jährigen Priesterjubiläum von Pfarrer Franz Wölfle im Jahre 1971 im Saal des Gasthauses „Zum Engel“.
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