Barocke Madonna vor der Zerstörung bewahrt
Der Madonna, die einst ihren Platz in dem alten Kirchlein am Kapellenberg (heute Oberdorf) hatte, haben wir bereits zwei Blog-Beiträge („Madonna mit Kind“ und „Einst eine Zierde in der Dreifaltigkeitskapelle“) auf dieser Plattform gewidmet. Laut Aufzeichnungen des Schuttertäler Heimatforschers Gerhard Finkbeiner (1940 bis 2009) soll die Madonna bis ins Jahr 1890 in der Dreifaltigkeitskapelle verehrt worden sein. Weiter sieht Finkbeiner die Pfarrgemeinde St. Johannes, die seinerzeit noch nicht existierte, als Eigentümer an.

Laut Appolonia Ohnemus (1897 bis 1978), die noch in dem alten Kirchlein als Mesnerin diente, soll die Madonna jedoch noch bis ins Jahr 1922 in der Dreifaltigkeitskapelle gestanden haben. In jenem Jahr wurde das im Jahre 1132 der Heiligen Dreifaltigkeit geweihte Kirchlein abgerissen, weil die Dorfgemeinschaft einfach eine neue und größere Kirche haben wollte – mit dem Ziel eine eigenständige Kirchengemeinde zu werden (siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Die Gotteshäuser“).
Bei der Madonna im weißen Kleid und dem Jesuskind auf dem Arm handelt es sich um eine frühbarocke Darstellung, die einst auf dem linken Seitenaltar des aus romanischer Zeit stammenden Kirchleins gestanden haben soll. Links und rechts flankiert von Barockputten (Engel-Skulpturen in Kindergestalt). Es stellt sich nun die Frage: Was war in den Jahren zwischen 1890 und 1922? Darauf geht Finkbeiner in seinen Notizen nicht näher ein. Laut den Angehörigen von Appolonia Ohnemus sei die Madonna bis zum Abrissjahr 1922 in dem alten Kirchlein gestanden. Wegen des geringen Werts war für die Madonna kein Platz mehr in der neu zu errichtenden Kirche vorgesehen. Apollonia Ohnemus habe letztlich die Madonna vor ihrer möglichen Zerstörung gerettet, sind sich deren Verwandte sicher. Dies bestätigen auch viele heute noch im Ort lebende ältere Leute.
Madonna-Verehrung wurde weiter im Dorfweg praktiziert
Gesichert ist, dass Appolonia Ohnemus die Madonna zu sich nach Hause nahm. Dort fand die Madonna ihren Platz auf einer Kommode. Auf diesen Umstand ging zwar der Heimatforscher nicht näher ein, aber im Finkbeiner-Archiv entdeckten wir dennoch entsprechende Fotos die belegen, dass das Madonna-mit-Kind-Ensemble bei Appolonia zu Hause im heutigen Dorfweg seine neue Heimat fand. Und noch mehr belegen die Fotos. Die Barockputten, die einst die Madonna im Kirchlein flankierten, fanden ebenfalls den Weg ins Privatgemach der Mesnerin. Die Verehrung der Madonna fand also weiter statt, nur nun außerhalb eines Gotteshauses. Denn immer wieder fanden sich Gebetsgruppen bei Appolonia Ohnemus ein. Nach dem Tod der früheren Mesnerin nahm sich Johanna Franziska Faißt, eine geborene Ohnemus (geb. 1940), der in weiß gekleideten Madonna an. Die Madonna befindet sich seither in ihrer Obhut.
Seit über 100 Jahren in Privatbesitz
Abschließend eine Anmerkung zu den Besitzverhältnissen. Über 100 Jahre ist die barocke Madonna mittlerweile im „Asyl“ beziehungsweise in Privatbesitz. Vier Jahre nach dem Tod von Appolonia zeigte die Pfarrgemeinde erstmals wieder Interesse an der Madonna. Der Versuch, ihr in der Pfarrkirche im Rahmen einer anstehenden Renovierung einen würdigen Platz zu geben, scheiterte. Das Madonna-mit-Kind-Ensemble würde nicht in die neu renovierte Kirche passen, meinte damals unter anderem auch das kirchliche Bauamt. Zum 100-jährigen Bestehen der Sankt-Johannes-Kirche in 2022 kamen noch einmal Gedanken auf, eventuell der Madonna nun doch einen Platz in der Kirche zu geben. Aber auch diese Gedanken verpufften. Vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass dann eine sicherlich kostenaufwendige Restaurierung notwendig geworden wäre.
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