Kapelle der Russlandheimkehrer
Die Kapelle auf dem Kappelberg ist unter vielen Bezeichnungen bekannt. Heute wird sie meist nur noch Gedächtniskapelle oder Marienkapelle genannt. Lange Zeit wurde sie auch als Kriegergedächtniskapelle oder schlicht als die Kapelle der Russlandheimkehrer bezeichnet. Doch was hat die Kapelle mit dem Krieg zu tun?

Die Kapelle hatte quasi ihren Ursprung auf einem Schlachtfeld an der Ostfront während des Zweiten Weltkriegs. Denn dort wurde einst der geistige Grundstein für das kleine Gotteshaus gelegt. Durch ein Gelübde, das Hermann Faißt (1905 bis 1970) als Soldat ablegte. Die Verluste der 5. Jäger-Division, der auch Hermann Faißt angehörte, waren nämlich im Oktober 1944 unter den Unteroffizieren und Mannschaften enorm. So waren 172 Gefallene, 696 Verwundete und 206 vermisste Soldaten zu beklagen.
„Wenn Gott ihn den Krieg überleben und Frau und Kinder gesund wiedersehen lasse, werde er in seinem Heimatort eine Kapelle erbauen zum dauernden Gedächtnis an die gefallenen Kameraden und die Opfer des Krieges“, so dessen Gelübde, das letztlich auch erhört wurde. Hermann Faißt kam 1947 aus der Gefangenschaft nach Hause ins heimische Dörlinbach. Nun galt es seinen Teil der „Abmachung“ zu erfüllen. Dabei wurde er von seinem Bruder Matthias Faißt unterstützt, von Beruf Architekt in Seelbach, der ebenfalls als Soldat an der Ostfront kämpfte. Interessant: Es stellte sich heraus, dass auch Matthias seinerzeit auf dem Schlachtfeld ein Gelübde abgelegt hatte.
Im Jahre 1955 konnte die Kapelle, die der Gottesmutter geweiht wurde, von den beiden Faißt-Brüdern fertiggestellt werden. Sechs Jahre später wurde die Kapelle zum Treffpunkt, zur Gedenkstätte und zu einem Mahnmal der ehemaligen württembergisch-badischen 5. Jäger-Division. Alljährlich trafen sich die Russlandheimkehrer und deren Angehörigen an Christi Himmelfahrt zu einer Gedenkfeier auf dem Kappelberg, wo sich neben dem Kapellchen auch ein symbolisches Soldatengrab befand. An dessen Birkenkreuz befand sich zugleich ein Email-Bild des Soldatenfriedhofs der 5. Infanterie- und Jäger-Division in Utschno bei Staraja-Russa in Russland.
Und heute? Die jährlichen Treffen, an denen auch immer wieder russische und französische Delegationen im Sinne der Versöhnung teilnahmen, endeten im Jahre 2011. Und in der jüngeren Vergangenheit wurde unter anderem auch das symbolische Soldatengrab im Zusammenhang umstrittener Ereignisse des Jahres 2015 in der Außenanlage entfernt. Dass die Kapelle einmal eine gern besuchte Stätte stiller Einkehr im Gedenken an die Gefangenen und Vermissten der beiden Weltkriege war, erinnert im Inneren des kleinen Gotteshauses unter anderem noch eine Gedenktafel, worauf alle im Zweiten Weltkrieg gefallenen Dörlinbacher abgebildet sind.
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