Die Gotteshäuser

Kirchlein – Pfarrkirche – Ersatzkirche

Der Historiker und Archivar Philipp Ruppert als auch der Heimathistoriker Ludwig Heizmann erwähnen in ihren Beiträgen beziehungsweise Publikationen, dass im Jahre 1132 der Bischof in Konstanz (ein Bruder des damaligen Abts von Ettenheimmünster) am gleichen Tag die Kirche in Wittelbach als auch das Kirchlein in Dörlinbach geweiht hatte. Das Kirchlein war für die Dörlinbacher vielmehr eine Kapelle, die nach der Dreifaltigkeit benannt wurde.

Pfarrkirche St. Johannes: Blick auf den Hochaltar von Bildhauer Peter Valentin aus Offenburg.

Erst viele Jahre später – im Jahr 1334 – wurde das Dreifaltigkeits-Fest durch Papst Johannes XXII. In den römischen Kalender eingeführt. Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit oder auch Trinität genannt ist die Lehre von der Dreiheit der Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist in der Einheit des göttlichen Wesens. Ob die Dörlinbacher daraufhin am Sonntag nach Pfingsten die Heilige Dreifaltigkeit als Patroziniumsfest gefeiert haben, darüber äußern sich de Historiker nicht.

Pfarrkirche St. Johannes: Blick auf den Josefsaltar auf der rechten Seite.
Januar 2021: Die Pfarrkirche Sankt Johannes umgeben von einer winterlichen Landschaft.

Die Dreifaltigkeits-Kapelle entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem erhaltenswerten Kleinod. Die Kapelle aus romanischer Zeit zählte zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu den ältesten christlichen Baudenkmälern unseres Landes. Doch in Dörlinbach wollten Anfang der 1920er-Jahre offensichtlich die Bürgerinnen und Bürger, deren damaliger Bürgermeister Anton Müllerleile als auch der zuständige Pfarrer Andreas Halter aus Schweighausen nichts davon wissen. Sie waren einvernehmlich für einen Abriss, um an gleicher Stelle eine neue, schönere Kirche zu erstellen. Gründe dafür waren unter anderem, dass das Kirchlein mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand war und die Leute nach kirchlicher Selbstständigkeit strebten. Sie wollten von der alten Filialkirche einfach nichts mehr sehen. So stieß auch der Vorschlag der Denkmalpflege, die Kapelle trotz ihres schlechten Zustands in das Neubauvorhaben zu integrieren, in Dörlinbach auf keinen fruchtbaren Boden. Auch der ehemalige Konservator der kirchlichen Denkmäler, Josef Sauer, der sich entschieden gegen einen Abriss des damals knapp 800 Jahre alten Kulturdenkmal wehrte, fand keinerlei Gehör. Dennoch war eine Untersuchung der zuletzt aufgetretenen Schäden geplant. Doch zu dieser gründlichen Untersuchung der Putzschichten im Innenraum der Kapelle kam es nicht mehr. Denn die Dörlinbacher legten ohne weitere Rücksprache mit den übergeordneten Ämtern und Behörden im September 1922 das Baudenkmal aus romanischer Zeit in einer Art „Nacht und Nebel“-Aktion nieder. Das Schicksal der Dreifaltigkeits-Kapelle war besiegelt und somit verschwand für immer ein sakrales Kleinod aus der Region. Konservator Sauer kommentierte das Vorgehen in Dörlinbach abschließend so: „Abgerissen ist gleich! Aber was einmal zerstört ist, bleibt unwiederbringlich verloren.“ Die einzige Erinnerungen die bleiben: Das Würfel-Kapitell und das Masken-Kapitell am Südportal der neuen Kirche.

Neue Kirche

Für die neu zu bauende Kirche wurde eine Kostenschätzung von etwas mehr als 1,2 Millionen Mark errechnet. Am 24. September 1922 erfolgte die Grundsteinlegung. Das Langhaus war schließlich im Mai 1923 als Rohbau fertig und am 25. November des gleichen Jahres wurde das neue Gotteshaus von Pfarrer Halter benediziert (der Segen erteilt). In den Jahren 1938/1939 kam es unter Pfarrer Josef Schmidt zu ersten Renovationsarbeiten. Die Kirche wurde ausgemalt und erhielt einen neuen Hochaltar sowie Beichtstühle. Der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre stammen von Bildhauer Peter Valentin aus Offenburg. Dem Kirchenmaler Josef Wagenbrenner aus Rastatt oblag es 1939 das Gotteshaus auszumalen. Ein von Anton Singler (Durenbach) gestiftetes Emmaus-Bild über dem Hochaltar blieb der Kirche erhalten. Anton Singler, der in Amerika zu Wohlstand gekommen war, wanderte bereits im Jahre 1907 aus.

Das Gotteshaus, das mit einfachen Mitteln in einer schweren Zeit (die Mark verlor enorm an Wert durch eine Hyperinflation) gebaut wurde, hatte immer noch keinen „richtigen“ Kirchturm. Aber ein Geläut hatte die Kirche dennoch. Es gab nämlich einen „Notkirchturm“. Dieser bestand aus einem kleinen Dachreiter, in dem zwei kleine Glocken angebracht waren. Erst in den Jahren 1957 bis 1959 war es unter Pfarrer Franz Wölfle möglich, einen Kirchturm zu bauen. Die Pläne zum Glockenturm lieferte 1957 Architekt Matthias Faißt aus Seelbach, ein gebürtiger Dörlinbacher. Im März des darauffolgenden Jahres kam dann endlich die Genehmigung zur Anschaffung der Glocken aus Freiburg. Ein großer Festtag war es für die Dörlibacher dann auch, als die vier Glocken im Ort eintrafen. Zur feierlichen Glockenweihe am 9. November 1958 wurden die Glocken im Chorraum der Kirche aufgehängt. Die Pfarrkirche St. Johannes verfügt seither über ein vierstimmiges Geläut der Glockengießerei Friedrich Wilhelm Schilling welches am 8. Oktober des gleichen Jahres im Beisein von Dörlinbachs Stiftungs- und Gemeinderat in Heidelberg gegossen wurde. In der Melodielinie erklingt das sogenannte Idealquartett, was man mit „sonorem Motiv, volle Klangfülle und einladend“ übersetzen könnte. Abgeholt aus Heidelberg wurden die Glocken von dem damals im Ort ansässigen Fuhrunternehmen Rösch.

Auch bei den Glocken gibt es übrigens eine großzügige Spende aus dem fernen Amerika. Die zweite Glocke mit einem Gewicht von 611 Kilogramm spendete jener Anton Singler aus dem Durenbach, der 51 Jahre zuvor als Auswanderer Dörlinbach verlassen hatte. Die erste Glocke mit einem Gewicht von 1037 Kilogramm spendete die Gemeinde Dörlinbach. Die katholische Kirchengemeinde Dörlinbach trug die Kosten der dritten Glocke, die 412 Kilogramm wiegt. Für die kleine und somit vierte Glocke mit 240 Kilogramm kamen mit Alois Ohnemus, Hans Zehnle und Landolin Himmelsbach die damaligen Hofbauern im Durenbach auf. Ebenfalls wurde in der Zeit zwischen 1957 und 1959 an der hinteren linken Seite.eine Sakristei angebaut. Zuvor befand sich hinten rechts ein Eingang für Pfarrer und Messdiener, die Sakristei befand ich im Chorraum.

 Mit der Konsekration (Weihung) der Kirche durch Weihbischof Karl Gnädinger und der Erhebung zur Pfarrkirche St. Johannes des Täufers wurde im Dezember 1962 Dörlinbach schließlich zu einer selbstständigen Pfarrgemeinde. Unter Wölfles Nachfolger Pfarrer Anton Doll kam es zur nächsten Renovation der Pfarrkirche – innen und außen. Die Kosten für die Innenrenovation im Jahre 1982 lagen bei rund einer dreiviertel Million Deutsche Mark. Bis zur Fertigstellung mussten die Dörlinbacher Katholiken mit einer „Ersatzkirche“ Vorlieb nehmen. Die Gottesdienste fanden in jener Zeit in der alten Zigarrenfabrik in der Mühlstraße statt. Weitere 200000 Deutsche Mark wurden fällig bei der anschließenden Außensanierung. Im Zuge der Renovierungsarbeiten verschwand unter einer neuen Holzdecke das Deckenbild und das Hauptportal erhielt einen Vorbau als Windfang. Im neuen Konzept waren auch keine Kommunionbänke mehr vorgesehen. Einige Frauen im Ort waren offensichtlich davon nicht begeistert und sammelten Geld für neue Kommunionbänke. Mehrheitlich stimmte letztlich der Pfarrgemeinderat dem Ansinnen der Frauen zu, worauf neue Kommunionbänke in der frisch renovierten Kirche nachträglich installiert wurden. Die Arbeiten im Inneren des Gotteshauses konnten vor allem Dank dem großen Engagement des damaligen Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Bruno Dilger sowie zahlreicher Mitglieder der Pfarrgemeinde St. Johannes erfolgreich gestaltet werden. Von der Innenrenovation werden heute noch im Dorf Geschichten erzählt.

Kuriose Begleiterscheinungen

Eine davon soll hier nicht unerwähnt bleiben. Unter den vielen freiwilligen Helfern waren auch Horst Griesbaum, der später nach Amerika auswanderte, und Wolfgang Schätzle, der heute noch im Ort lebt. Die beiden jungen Männer hatten den Auftrag, die alte Kanzel seitlich des Marienaltars abzumontieren. Mit Hammer, Brecheisen und anderen Gerätschaften ging es die Treppe zur Kanzel hoch, um den Boden von den Balken zu lösen. Die älteren Helfer, die es eigentlich hätten wissen müssen, dachten nicht daran, die jungen Männer darüber zu informieren, dass der Boden einst von unten angenagelt wurde. Vielleicht hatten sie es auch nicht mehr gewusst. Und so kam es, dass urplötzlich der Boden nach unten wegbrach. Griesbaum konnte sich noch auf die beiden Balken retten, Schätzle donnerte hingegen mit der Kanzel nach unten. Zum Glück gab es nur ein paar Beulen und Blessuren. Kurze Zeit später kam der Pfarrer hinzu. Statt sich zunächst einmal nach dem Befinden der beiden Jungs zu informieren, kam ihm eine wohl für ihn viel größere Sorge über die Lippen: „Und ist die Kanzel noch ganz?“ Deren Korpus war in der Tat noch ganz, worauf der Pfarrer anordnete, dass die Kanzel zum Verwahren in den Kirchturm gebracht werden soll. Mit dieser Aufgabe wurden erneut die beiden jungen Männer betreut. Auf halben Wege kam ihnen jedoch ein Vertreter des Kirchenbauamts entgegen, der ihnen klar machte, dass die Kanzel keinerlei historischen Wert habe und es unsinnig sei die Kanzel im Turm aufzubewahren. Oft werden Kanzeln künstlerisch wertvoll gestaltet, aber davon konnte in Dörlinbach keine Rede sein. Das Klang wie Musik in den Ohren der jungen Helfer. Den Weg aus dem Turm zurück kürzten sie ab und donnerten die Kanzel von der Vorbühne aus nach unten auf den Kirchenboden. Diesmal zerbrach die Kanzel wirklich in „tausend Stücke“. Natürlich mussten die jungen Männer die nun auf dem Kirchenboden zerstreuten Teile einsammeln und entsorgen, aber das machten sie mit einem breiten Lächeln. Ob es dazu einen weiteren Kommentar vom Pfarrer gegeben hat, ist nicht überliefert.

Apropos Kanzel: Die war für Dolls Vorgänger wohl einer seiner „Lieblingsplätze“. Pfarrer Franz Wölfle liebte es von „seinem Balkon“ zu predigen. Und seine Ansprachen von hoch oben hatten es wahrlich in sich. Denn nicht nur „Gottes Wort“ wurde von dort verkündet, sondern auch so mancher „Fehltritt“ der Gläubigen. Dabei verstand es Wölfe die Vorfälle so in Worte zu fassen, dass zwar jeder im Ort wusste wer gemeint war, aber niemals dessen oder deren Namen dem Pfarrer über die Lippen kamen. Es soll heute noch Leute im Ort geben, die ihn für diese Gabe bewundern.

Letzte Renovation

Die letzte große Renovation erfolgte im Februar und März 2021 unter Pfarrer Johannes Mette, dem Leiter der Seelsorgeeinheit „Kirche an der Schutter“. Da sie mitten in die Corona-Pandemie fiel und ohnehin Einschränkungen galten, war diesmal keine „Ersatzkirche“ von Nöten. Sechs Wochen lang war die Kirche gesperrt, konnten keine Gottesdienste abgehalten werden. Die Kirche erstrahlt nun wieder in einem hellen und freundlichen Glanz. Und es gibt einige sichtbare Veränderungen, die bei früheren Renovationen aus dem Inneren des Gotteshaus verschwanden und nun wieder in das Gesamtbild integriert wurden. Das einst von dem Auswanderer Anton Singler gespendete Emmaus-Bild von Künstler Josef Wagenbrenner, das zunächst Jahrzehnte lang über dem Hochaltar thronte und bei der letzten Innenrenovierung in die Sakristei „verbannt“ wurde, ist wieder Teil der Innenansicht. Es hängt nun an der rechten Seitenwand nahe des Josefsaltars, wo es schon einmal über viele Jahre hinweg gehangen hatte. Hervorgeholt wurde auch wieder der Aussetzungsthron über dem Tabernakel mit dem bekrönenden Pelikannest. Die Bekrönung mit dem Pelikannest geht übrigens auf die Legende zurück, nach der eine Pelikanmutter ihre Jungen in Notzeiten mit dem eigenen Blut ernährt. Das sah man als Symbol für den Opfertod Christi. Weiter wurden auch die beiden schwebenden Engel wieder hervorgeholt und an ihrem einst angestammten Platz links und rechts des Aussetzungsthrons angebracht wurden.

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