Gasthaus zum Engel

Trinkstube aus dem 14. Jahrhundert

 

 

Wesentlich älter als das Gasthaus „Zum Löwen“ ist das Gasthaus „Zum Engel“. Fest steht jedenfalls, dass es in Dörlinbach schon im 14. Jahrhundert eine Trinkstube gab aus der das heutige Gasthaus „Zum Engel“ hervorging. In der Nennung von Wirten hat allerdings der „Löwen“ die Nase vorn. Als erste Wirte auf dem „Löwen“, damals ein aus Holz erbautes Bauernhaus mit einer Bauernstube, die auch als Wirtschaftsraum genutzt wurde, werden Philipp Kern (Geburtsdatum nicht bekannt, gestorben 1714) und Georg Kern (Geburtsdatum nicht bekannt, gestorben 1728) genannt.

Alte Postkarten-Ansicht vom Gasthaus „Zum Engel“.

Die beiden waren quasi bereits verstorben als mit Franz Anton Singler (1787 bis 1861) in den Annalen erscheint. Singler ist als „braver Mann“ überliefert und hat auch beim Spanischen Feldzug mitgemacht. Im Familienteil des 1995 erschienen Dörlinbacher Heimatbuchs wird er nicht nur als Engelbauer, sondern auch als Engelwirt benannt. Es ist bislang die älteste Nennung eines Engelwirts. Franz Anton heiratete im Januar 1822 Barbara Singler mit der er zehn Kinder hatte.

Alt-Wirt Hermann Grimm, dessen Sohn Martin heute Chef im „Engel“ ist.
Alte Postkarten-Ansicht vom Gasthaus „Zum Engel“, die das Innere vom angebauten Café zeigt.

Als nächster Engelwirt taucht im Heimatbuch Landolin Billharz (1809 bis 1875) auf. Er ist der älteste Bub von Vater Landolin Billharz (1777 bis 1817), der mit Maria Franziska (1783 bis 1832), eine geborene Offenburger, sieben Kinder hatte. Interessant auch deren jüngstes Kind Bernhard (1818 bis 1868) wurde Gastwirt. Bernhard reihte sich in die Riege der Adlerwirte in Schuttertal ein. Zurück zu Landolin Billharz, der im Mai 1850 Franziska Griesbaum (1817 bis 1875) heiratete. Sie gebar im sieben Kinder. Die drei ältesten Buben starben alle im ersten Lebensjahr. Die erste und zugleich einzige Tochter hieß wie ihre Mutter ebenfalls Franziska (1858 bis 1882). Sie heiratete im April 1876 Andreas Wangler (1852 bis 1883), der somit zum neuen Engelwirt wurde. Sie hatten zusammen sechs Kinder, wovon allerdings fünf bereits im Kindesalter verstarben. Erneut sollte sich der Familienname der Wirtsleute ändern. Jedoch nicht durch deren ältesten Tochter, die heiratete nämlich nach Schuttertal, sondern durch den Verlust des Gasthauses. Der „Engel“ wurde im Jahre 1876 versteigert . Der bisherige Dörlinbacher Engelwirt blieb jedoch seiner Zunft treu und zog nach Sieglau, wo er zum Bärenwirt wurde.

Nagelschmied Wilhelm Grimm ersteigerte den „Engel“

Neuer Engelwirt in Dörlinbach wurde der Nagelschmied Wilhelm Grimm (1847 bis 1926). Von da an wurde das Gasthaus „Zum Engel“ von Generation zu Generation von den Grimms weitergeführt. In jener Zeit kurz nach der Jahrtausendwende wurden im „Engel“ nicht nur Bierschoppen ausgeschenkt, im großen Saal des Gastronomiebetriebs wurden nun Zigarren gedreht. Denn der Oberweierer Fabrikant Franz Geiger (1871 bis 1918) begann dort im August 1904 mit der Zigarrenherstellung (siehe auch unter Blog-Beitrag „Zigarrenherstellung in Dörlinbach“). Wilhelm Grimm hatte mit Ehefrau Paulina (geboren 1852), eine gebürtige Weber aus Schuttertal, acht Kinder. Der Drittälteste Anton (1887 bis 1954) erlangte als Sohn des damaligen Engelwirts einen zweifelhaften Ruhm. Überlieferten Erzählungen nach narrte er im Jahre 1911 die Dorfoberen samt dem damaligen Bürgermeister Anton Wangler (1862 bis 1939) mit einem vermeintlichen Hasenbraten à la Paris, den er allerdings aus Katzen hervorgezaubert haben soll. Dieser lustigen Geschichte haben wir einen eigenen Blog-Beitrag gewidmet (siehe unter Derlebacher G’schichtle – Folge 6 – „Ein wahrlich schmackhafter Hasenbraten“). Natürlich wäre ein solcher Vorfall keine exquisite Visitenkarte für einen künftigen Engelwirt gewesen. Anton zog es aber ohnehin erst einmal wieder weg aus Dörlinbach ins ferne Amerika. Nachfolger als Chef auf dem „Engel“ wurde Antons zweieinhalb Jahre jüngerer Bruder Otto (1890 bis 1954). Es war zugleich die Zeit, wo sich im Engelsaal das Theaterspiel etablierte. Bis zum Bau der Turn- und Festhalle im Jahre 1984 sollte der „Engel“ die Topadresse für das Laienschauspiel im Ort bleiben (siehe auch unter Blog-Beitrag „Über 100-jährige Theatertradition“). Otto Grimm vermählte sich im Februar 1923 mit Helena Spothelfer vom Langenhard. Sie gebar ihm zwei Söhne. Der jüngste Sohn Hermann (1925 bis 1984) folgte letztlich als Gastwirt-Nachfolger auf dem „Engel“. Der „Engel“ bekam in den Folge ein neues Antlitz. Ein Café wurde angebaut und in dessen Untergeschoss wurde eine Kegelbahn installiert. In der 1980er-Jahren wurde das Gasthaus renoviert. Die Kegelbahn, die heute nicht mehr in Betrieb ist, wurde übrigens bei zwei sogenannten Jahrhunderthochwassern, arg geschädigt (siehe auch unter Blog-Beitrag „Wenn die Schutter überschwappt“).

Schwarzwälder Kirschtorte und Wildspezialitäten

Aus der Ehe von Hermann Grimm mit Luitgard (1930 bis 2010), eine geborene Singler, gingen vier Buben hervor. Der Älteste Reinhold Stephan (geb. 1950), der auch bei seinem Vater in die Lehre ging, sollte den Gastronomiebetrieb einmal übernehmen. Vor allem dessen Schwarzwälder Kirschtorten lockten seinerzeit die Gäste ins Café. Doch zur Übernahme des „Engels“ sollte es letztlich nie kommen. Sohn Reinhold hatte andere Pläne. So kam es, dass der Zweitjüngste Martin Josef (geb. 1958), den Beruf als Koch erlernte und schließlich im Jahre 1980 das Gasthaus „Zum Engel“ übernahm. Martin Grimm erlangte vor allem durch seine Wildspezialitäten schnell einen Namen. Der Zweitälteste Hermann Otto (geb. 1952) hingegen entschied sich für einen beruflichen Werdegang außerhalb der Gastronomie. Der jüngste Spross Ulrich (geb. 1963) war in all den Jahren immer in den elterlichen und später in den Betrieb seines Bruders Martin integriert und ist bis heute so etwas wie die „gute Seele“ in dem Gastronomiebetrieb.

Wirte auf dem „Engel“:

Franz Anton Singler (1787 bis 1861)

Landolin Billharz (1809 bis 1875)

Andreas Wangler (1852 bis 1883)

Wilhelm Grimm (1847 bis 1926)

Otto Grimm (1890 bis 1954)

Hermann Grimm (1925 bis 1984)

Martin Josef Grimm (geb. 1958)

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